Da geht noch was …

Wohin geht die Reise?
Einfache Formen von augmented reality (AR) umgeben uns jetzt schon. So gibt es Programme für bestimmte Mobiltelefone die, so die Kamera an ist, zu anvisierten und per Software identifizierten Bauwerken die zugehörigen Informationen aus Wikipedia abruft – als ein vernetzter, globaler Stadtführer. In Kraftfahrzeugen werden die Fahrzeugdaten teilweise bereits in der Art eines Head Up Displays (HUD) auf/in die Windschutzscheibe gespiegelt, warum sollten nicht auch Hinweise zum umgebenden Verkehr eines Tages als visuelle Überlagerung eingeblendet werden? Im Gegensatz zum HUD sind bisher meist externe, bewusst abzurufende Displays erforderlich, aber erstere liefern bereits jetzt einen Eindruck davon, was eines Tages möglich und vielleicht selbstverständlich sein könnte.
Technische Medien stellen einen Mehrwert zur Realität dar, nehmen bisher aber nur eingeschränkt selbstständig Bezug zu realem Ort, Zeit und Kontext ihrer Nutzung. Ein Schild mit der Aufschrift »Fachbereich Erziehungswissenschaft« am Gebäude oder die Uhrzeit auf der Armbanduhr liefern zwar Informationen die unsere Realitätswahrnehmung erweitern, sind aber in ihrer Mobilität oder ihrem funktionalem Gehalt festgelegt. Im Gegensatz dazu können mobile und vernetzte digitale Geräte mit z. B. GPS, Bewegungssensoren oder Kamera und Bilderkennungssoftware Informationen zum Aufenthaltsort, zu anwesenden Personen, Objekten oder Prozessen liefern: Das Ergebnis wäre eine dynamische Erweiterung der Realität, so das Konzept der augmented reality (AR).
Denkbar wäre künftig z.B., dass ein Lehrer eines Tages beim ersten Betreten einer Schulklasse über AR-Kontaktlinsen die Namen und Kurzinformationen zum Dossier der Schüler ‹über› Ihnen erscheinen lassen kann.

Bei Exkursionen in den Wald können die Schüler sich Informationen aufrufen zu den Pflanzen und Tieren die sie gerade entdecken, bei Ausstellungsbesuchen die zu Exponaten. Diese Informationen werden einfach in das Sichtfeld der jeweiligen Person eingeblendet und stellen ergänzende Informationen zur Verfügung.
Und in Klausuren oder bei Lehrerfragen hätten die Schüler die Möglichkeit … wozu? Was unterscheidet die Prüfungssituation vom Alltag in einer AR-Welt, was rechtfertigt die Nutzung von Wörterbüchern und Taschenrechner, aber nicht von Wikipedia oder Mustererkennungssoftware?
Welchen Einfluss wird es auf Bildungsprozesse haben, wenn Lernende und Lehrende stets auf Zusatzinformationen zugreifen können, ohne dass dies von außen sichtbar ist – nicht nur während der Schulzeit, sondern ein Leben lang? Wäre Unterricht in seiner klassischen Form noch denkbar, wenn Fragen des Lehrers oder Prüfungsaufgaben automatisch ausgewertet und die Lösung in das Sichtfeld des Schülers eingeblendet werden könnte? Wie würden sich Lehren und Lernen insgesamt verändern, wenn die Vermittlung von Sachinhalten zunehmend an Bedeutung verliert? Verschärft AR das Problem der nötigen Selektionsfähigkeit in einer medial bereits überladenen Welt? Und wie müsste AR gestaltet sein um Lehren, Lernen und Leben an einer Universität zu unterstützen?

Schreiben Sie Ihre Gedanken als Kommentar zu unserem Blogbeitrag zu augmented reality in dem wir auch einige Beispielvideos veröffentlicht haben. Den Blogeintrag finden Sie unter: http://u.lioci.com/eduar
In jedem Fall wünschen wir Ihnen ein angenehmes Semester, unabhängig davon wie sehr sie ihre Realität schon erweitert haben.
Für das Team vom Medienzentrum,
Ralf Appelt & Wey-Han Tan

Bildquellen:
“Ein Schiff wird kommen” von Sebastian Ploenges
Film true fiction www.truefiction-derfilm.de

Download: KVV Medien&Bildung für das Sommersemester 2010 (*.pdf ca. 20mb)

Dieser Artikel ist an der Fakultät EPB der Universität Hamburg im KVV Medien&Bildung zum Sommersemester 2010 erschienen.

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